Für das MS-Tanzwerk-Projekt "Mental Maps & Patterns" bot die Studiobühne im Kulturpalast fast idealen Raum. Der helle Boden, weiße, dank schwarzer Ornament-Embleme Flaggen gleichende Hänger, eine Projektionsfläche im Hintergrund definieren einen offenen Kubus. Das Vorspiel zeigt die Geburt einer Maid und ihre Einkleidung als Fünfte einer Riege - schwarze pludrige Hosen weiße Blusen im Oberhemdschnitt mit aufgenähten schwarzen Krawatten. Ein Initialisierungsritual, für Übungen in Formationen, Denk- und gleichzeitig Gesellschaftstrukturen entsprechend zwischen einst, heute und irgendwann. Während Prägungen des Denkens in verbaler Projektion mutieren von realer Geographie über Erinnerung, Instinkte und Unterbewusstes zu Literatur, Moral, Glauben/Überzeugung, um schießlich am Begriff Heimat anzudocken, bleibt Bewegung notwendig abstrakt. Verhaltene Dynamik, Geschmeidigkeit haben etwas Unwiderstehliches. Aus elementaren Bewegungsformen, vom Boden her aufsteigend, greifen Figuren/Teile ineinander, sich gegenseitig bedingend im Sinn eines physikalisch-biologisch-strukturellen Minimalismus, beziehungs- aber nicht wertfrei, auf beunruhigende Weise faszinierend. Mario Heinemanns Choreographie verführt mit disziplinierter Phantasie. Perfekt darauf abgestimmt sind mystisch-moderne Sounds und großflächige Videoprojektionen. Tief ziehende Wolkenhimmel, pseudobjektiverende, Draufsicht-gedoppelte Tanzfiguren, Ornamente, am Ende eine phantastisch bunt blühende Wiese zeugen abgründige, atmosphärische Assoziationen. Eingeschobene Dog-Dancing-Szenen (frappierende Dressur: Nicole Gärtner) liefern einen eigenen Schlüssel-Kommentar. Die intellektuell klare Analyse natürlicher und sozial bedingter Bindungen wird ironisch gebrochen und vieldeutig, wo sie in Richtung Wahn und Psychose zu kippen droht; das Ensemble gerät in kollektive Ekstase, formiert sich zu Ehrenmalgruppen. Doch die Gebilde sind zu fragil, das Thema zu tief, um zum Grund zu kommen. Letztlich erschließt sich der Sinn darin, dass statt normierenden Vordenkens Nachdenklichkeit provoziert wird. Der Begriff Heimat bleibt stehen, letztlich (auch) für menschliches Suchen zwischen Diktatur und Chaos. |
Abgründige Assoziationen
Eingestellt von Frank Hoefer um 05:24
Labels: Art, dance, Feuilleton, Kultur, Kunst, MS Tanzwerk, Tanztheater, Theater
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